Nachruf Carmen Kühnl

Rede von Peter Igl bei der Trauerfeier für Carmen Kühnl am 23. Februar 2023

Sehr geehrte Trauerversammlung,

das Herz von Carmen Kühnl gehörte der Volksmusik. Deswegen ist sie auch 1992 in den VVV, den Verein für Volkslied und Volksmusik e. V., eingetreten. Der Fanderl Wastl hatte diesen Verein 1965 mit einigen bekannten Mitstreitern aus der Volksmusikszene gegründet. Im Sommer 2010, also vor gut 12 ½ Jahren, wurde die Carmen zur Vorsitzenden gewählt. Ich habe diese Zeit an ihrer Seite miterlebt.

Mit bewundernswerten Engagement und beeindruckendem Arbeitspensum widmete sie sich ihren Aufgaben. Sie hatte alles im Blick und war über alles informiert, was den Verein betraf. Die Sitzungen des Vorstands bereitete sie minutiös vor, sodass in relativ kurzer Zeit viel erledigt werden konnte.

Sie kam von der traditionellen Volksmusik her, war aber auch offen für neue Ansätze. Deshalb besuchte sie beispielsweise auch gerne die Volksmusiktage im Fraunhofer, einem bekannten Münchner Wirtshaus.

Auf ihre Anregung hin wurde der VVV Mitveranstalter des Innsbrucker Volksmusik-Wettbewerbs, der in Volksmusikkreisen hierzulande durchaus umstritten ist, insbesondere weil er schwerpunktmäßig Spitzenförderung betreibt. Volksmusikförderung für Kinder und Jugendliche auf breiter Ebene wäre wichtiger, sagen manche. Carmen Kühnl war der Ansicht, dass man sich um beides kümmern müsse, um die Zukunft der Volksmusik zu sichern. In diesem Zusammenhang möchte ich darauf hinweisen, dass die Carmen 2014 einen Stammtisch für junge Musikanten ins Leben gerufen hat, der monatlich im Münchner Hofbräuhaus stattfindet.

Der VVV war viele Jahre fast ausschließlich auf Oberbayern ausgerichtet. Carmen Kühnl nahm bald nach ihrer Wahl schon Kontakte mit Niederbayern und Schwaben auf, später auch mit der Oberpfalz. Da traf es sich ganz gut, dass die Carmen lange Jahre in der Redaktion der Sänger- und Musikantenzeitung, jetzt zwiefach, tätig war. Dort konnte man sich regelmäßig mit Gleichgesinnten aus anderen Regierungsbezirken treffen. Wichtig war der Carmen auch der regelmäßige Kontakt mit den Vorsitzenden der verschiedenen Volksmusikvereine in Oberbayern und dem Volksmusikarchiv in Bruckmühl, um sich zu informieren, auszutauschen und Ideen zu sammeln.

Lange Zeit hatte sich der VVV fast ausschließlich um Volkslied und Volkmusik gekümmert.
Die dritte Säule, den Volkstanz, hatte man vernachlässigt. Vor einigen Jahren streckte die Carmen deshalb ihre Fühler auch in diese Richtung aus. Mit dem Arbeitskreis „Zukunft Volkstanz“ wurde ein Partner gefunden, mit dem man in diesem Bereich zusammen- arbeiten konnte. Ein erstes Projekt wurde inzwischen schon verwirklicht.

Auch die Pflege von Kontakten war für die Carmen sehr wichtig. Trotz der vielen Aufgaben, die sie bereits hatte, kümmerte sie sich darum mit Hingabe. Sie korrespondierte beispielsweise immer wieder einmal mit den Töchtern vom Fanderl Wastl, dem Gründer des VVV. Im Zusammenhang mit dem 100. Geburtstag von Clara Huber, der Witwe von Prof. Kurt Huber, nahm sie Kontakt mit der Familie Huber auf. Clara Huber war viele Jahre nicht nur Mitglied im Verein, sondern verwaltete mit Hingabe die Kasse. Carmen pflegte auch gute Kontakte zu betagten Mitgliedern und gratulierte zu runden Geburtstagen, wenn sie die Daten wusste. Dabei kümmerte sie sich nicht nur um Mitglieder, die in der Volksmusikszene einen Namen hatten. Auch die einfachen Mitglieder bekamen einen Brief oder Anruf.

Neben all dem war sie selbst noch aktiv als Sängerin tätig. Erfolgreich trat sie lange Zeit mit dem Moosacher Dreigesang und dem Quittengsangl auf.

Wenn andere Träger bei der Durchführung von Veranstaltungen oder bei Veröffentlichun-gen einschließlich der Produktion von CDs finanzielle Probleme hatten, konnten sich die auf Veranlassung von Carmen an den Verein wenden, der im Rahmen seiner Möglichkeiten half.

Auch um die Werbung für den Verein kümmerte sie sich mit Hingabe und Ideenreichtum. Sie entwarf Handzettel und Plakate und schaffte einen Pavillion an, mit dem sich der VVV bei Volksmusikveranstaltungen präsentieren konnte. In ihrer Zeit als Vorsitzende entstanden auch eine Reihe von Veröffentlichungen. Besonders erfolgreich war eine Überarbeitung der Liederbogen des Wastl Fanderl. Für eine Doppel-CD zum 50. Geburtstag des Vereins stöberte sie auch im Schallarchiv des Bayerischen Rundfunks nach raren Aufnahmen. Zu den Volksmusik-Moderatoren des BR hatte sie gute Kontakte. Das letzte Mal, als sie öffentlich in Erscheinung trat, war im vergangenen September eine Rundfunksendung über Bally Prell.

Liebe Carmen, wir danken Dir für all das, was Du für den VVV und die bayrische Volksmusik getan hast. Du wirst uns sehr fehlen.

Peter Igl